Donnerstag, 5. März 2015

Anleitung zum guten Leben (ein Gedicht von Joseph Beuys)

Dieses Gedicht gefällt mir so außerordentlich gut, dass ich es mit zur Arbeit genommen habe und in einer Verhandlungspause einem meiner eher geschätzten Kollegen gezeigt habe. Er hat es gelesen und dann hat er mich ein wenig seltsam angelächelt. Ich glaube, er hat es nicht verstanden. Schade. Für ihn.
Lass dich fallen.
Lerne Schnecken zu beobachten.
Pflanze unmögliche Gärten.
Lade jemand Gefährlichen zum Tee ein.
Mache kleine Zeichen, die “Ja” sagen
und verteile sie überall in deinem Haus.
Werde ein Freund von Freiheit und Unsicherheit.
Freue dich auf Träume.
Weine bei Kinofilmen.
Schaukel so hoch du kannst mit einer Schaukel bei Mondlicht.
Pflege verschiedene Stimmungen.
Verweigere “verantwortlich” zu sein. Tu es aus Liebe.
Mach viele Nickerchen.
Gib Geld weiter. Tu es jetzt. Das Geld wird folgen.
Glaube an Zauberei.
Lache viel.
Bade im Mondlicht.
Träume wilde, phantasievolle Träume.
Zeichne auf die Wände.
Lies jeden Tag.
Stell dir vor, du wärst verzaubert.
Kichere mit Kindern.
Höre alten Leuten zu.
Öffne dich, tauche ein, sei frei.
Segne dich selbst.
Lass die Angst fallen.
Spiele mit allem.
Unterhalte das Kind in dir.
Du bist unschuldig.
Baue eine Burg aus Decken.
Werde nass.
Umarme Bäume.
Schreibe Liebesbriefe.




2 Kommentare:

  1. Herrlich- ich glaube er konnte besser schreiben als malen.....
    ok, das ist eben Geschmacksache..

    aber das Gedicht ist großartig...

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  2. Finde ich auch, habs eben ausgedruckt und werde es über meinen Schreibtisch hängen. Gerade die im Gedicht erwähnt sind machen uns doch zu (fühlenden) Menschen. Wie schön ist es, wann man vom kalten Regen durchnässt nach Hause kommt, unter die warme Dusche hüpft. sich dick eingewickelt vor einen heißen Tee setzt. Herrlich, genau.

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