Mittwoch, 8. April 2015

Von den Tieren lernen

Wenn ich meine Katze beobachte, kommt Neid auf. Großer Neid. Ich wäre gern so souverän und authentisch, wie sie:


Sie steht über allem und lässt sich nur streicheln, wenn sie es will. Manchmal glaube ich sogar, dass sie es nur will, weil sie es braucht. Meine Theorie dazu: Wildkatzen brauchen es nicht, weil sie durch Wiesen und Unterholz streifen und dadurch genug "gestreichelt" werden. Hauskatzen lassen sich nur streicheln, weil sie nicht so viel durch hohe Wiesen schlendern.

Meine Katze schläft viel und steht nur auf, um zu fressen, oder um aus dem Fenster zu glotzen. Das kann sie Ewigkeiten lang machen. Wenn die Sonne scheint, verschwindet sie nach draußen und ist oft stundenlang nicht zu sehen. Wenn es regnet oder kalt ist, bleibt sie den ganzen Tag im Haus in der Nähe der Heizung, bevorzugt auf einem großen, weichen Kissen.



 Hier ein passender Ausschnitt aus dem Buch "Am Hang" von Markus Werner:

"Ich erzählte von meiner schwierigen Nacht, von meinem langen Liegenbleiben und meinem Unmut darüber, vom lahmen, verlorenen Tag. - Verlorene Tage gebe es nicht, meinte Loos, und Antriebsmangel, verstanden als ziviler Ungehorsam, als Gegenkraft zum großen Treiben, sei ein Symptom der Gesundheit. Alles, was der Verlangsamung diene, sogar ein ausgedehntes Frühstück, komme der Volksgesundheit zugute, die so gefährdet sei wie nie zuvor, weil mehr und mehr Menschen das Gefühl hätten, der rasenden Mechanik nicht mehr gewachsen zu sein und auf der Strecke zu bleiben. Ob sie es wahrhaben wollten oder nicht, ob sie es mit letztmöglicher Wendigkeit und munterem Schwung überspielten oder nicht: Sie seien alle überfordert, restlos und pausenlos, und das mache krank. Hingegen die Tiere... Kein Tier auf Erden arbeite, mit Ausnahme vielleicht der Ameisen, Bienen und Maulwürfe, deren Geschäftigkeit aber nicht motiviert sei durch einen moralischen Imperativ. Die übrigen flanieren auf der Suche nach Futter ein bisschen herum, sofern es sich nicht um Haustiere wie Hunde und Katzen handelt. Ein Durchschnittshund zum Beispiel schlafe oder döse zwanzig Stunden am Tag, und ebenso gemütlich machten es sich die Katzen."

Ich dagegen muss mich oft hetzen und frage mich, warum das so ist. Warum muss der Mensch so viel tun, warum muss er arbeiten, warum muss er Geld verdienen?

Wir sollten mehr von den Tieren lernen!

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