Samstag, 25. Juli 2015

Wunderliche Beschwerden

Über den 1. Mai waren wir mit dem Fußballverein unseres Sohnes in Mailand (das sei aber nur ganz nebenbei erwähnt). Kurz darauf ist mir bei der morgendlichen Gymnastik aufgefallen, dass mein linker Fuß bläulich-rot, geschwollen und heiß ist. Ich hab meinen linken Fuß nicht mehr als meinen linken Fuß erkannt. So muss es sein, wenn man dicke Beine hat... Nicht schön, aber erstmal nicht beunruhigend, schließlich habe ich anderes zu tun, als mir über dicke Beine Sorgen zu machen.

Zu der Zeit war es draußen für die Jahreszeit ungewöhnlich kalt und da wir als gute Schwaben im Mai nicht heizen, war ich froh, dass mein linker Fuß so heiß war, denn ich konnte ihn gut für den rechten (kalten) Fuß als Bettflasche benutzen (wirklich, das hab ich in echt gemacht....). Als aber der Fuß nach zwei Wochen immer noch nicht wie mein Fuß aussah,war ich doch etwas beunruhigt und fragte meine Kollegin (sie hat ganz früher mal Arzthelferin gelernt), ob sie mit dem Fuß zum Arzt gehen würde. Sie: "Ja, und zwar sofort, das könnte eine Thrombose oder auch ein Bandscheibenvorfall sein" (ich sollte dazu noch erwähnen, dass mein linker Arm dauerhaft eingeschlafen war....). Gegenüber von meinem Arbeitsplatz gibts einen Orthopäden, zu dem viele meiner Kollegen gehen, weil man schnell einen Termin bekommt. So auch bei mir. Ich also in der Mittagspause rüber zu ihm und er stellte die Diagnose "Hohlfuß" und "LWS-Syndrom". Ich bekam ein Rezept für Einlagen und für eine ambulante Reha von der Rentenversicherung. Zudem hat er auch noch eine Blutuntersuchung veranlasst, weil ich viele weitere diffuse und nicht zuordenbare Symptome hatte (und habe). Wer dies jetzt  liest und sich ein bisschen auskennt, der ahnt sicher schon, was letztendlich bei dem Bluttest rauskam: Sehr hohe IgG-Werte im Blut. Wer sich nicht auskennt, den kläre ich jetzt auf: Das ist ein Hinweis darauf, dass ich auf jeden Fall irgendwann mal Borrelien im Blut hatte, oder immer noch habe.

Der Orthopäde gab mir eine Überweisung zum Rheumatologen, bei dem ich 4 Wochen später (schon) einen Termin bekommen habe.

Vorher habe ich aber meinen eigentlichen Meister der Ärzte angerufen. Er ist Allgemenmedizininer und behandelt ausschließlich homöopatisch und er hat mir schon mal "das Leben gerettet". Ich war mir sicher, dass er mir mit klaren Worten von der schulmedizinisch propagierten Antibiotikatherapie dringend abrät! Stattdessen hat er am Telefon nur rumgestammelt. Ich glaube, er hatte ein schlechtes Gewissen, denn ich habe ihm schon mehrfach von meinen Symptomen berichtet (u.a. ständige Erschöpfung, Hitzewallungen, schlechter Schlaf, entzündete Ellbogen, nächtliche schlimme Muskelschmerzen) und hat mir damals nur geraten, ich soll mir doch mal Gedanken darüber machen, ob ich mir nicht einen neuen Arbeitsplatz suchen möchte....(das ist aber eine ganz andere, lange Geschichte). Jedenfalls hatte ich mich in den vergangenen 5 Tagen schon gut im Internet belesen und auch das Borreliose Buch vom Storl und darin von einem Heilpraktiker in Stuttgart-Mühlhausen gelesen, der wohl der Star der Alternativmedizin-Borreliose-Spezialisten ist. Zum Schluss unseres Telefonats hat der Homöopath mich dann auf meine Nachfrage hin an eben diesen Heilpraktiker verwiesen. Ich also gleich einen Termin mit ihm ausgemacht und weitere 4 Wochen später auch einen bekommen.

Zuerst aber zum Rheumatologen und der hat mich wiederum an einen Schulmedizin-Borreliose-Spezialisten verwiesen, da er selbst auch keine Ahnung von Borreliose hätte (naja, er hat es nicht so direkt gesagt und hat mir am Schluss meiner Anwesenheit schön meinen Fuß angeschaut - damit kann er eine ausführliche Untersuchung mit der Kassenärztlichen Vereinigung abrechnen => aber das muss ich ja nicht selbst bezahlen). Ich also gleich einen Termin mit dem Schulmedizin-Borreliose-Spezialisten ausgemacht und drei Tage nach dem Heilpraktikertermin einen Termin bekommen.

Zuerst also zum Heilpraktiker. Und glaubt mir: Ich könnte jetzt eine lange Geschichte erzählen, aber das spar ich mir erstmal, jedenfalls hat er mir für 568,- Euro Mittelchen verkauft, die ich 3 x am Tag einnehmen muss, wobei seine selbst hergestellten Mittelchen die teuersten aller Mittelchen sind. Er hat viel unglaubwürdiges Zeug erzählt und wer sich jetzt fragt, warum ich dann so viel Geld für die Mittelchen ausgegeben habe: Ich hatte keine Alternative, weil ich die Antibiotikatherapie unbedingt vermeiden wollte. Und eigentlich wollte ich auch nicht zu dem  Schulmedizin-Borreliose-Spezialisten, aber der Alternativmedizin-Borreliose-Spezialist war so unglaublich unglaubwürdig, dass ich dann drei Tage später auch diese Reise antrat. Ach übrigens hat der Alternativmedizin-Borreliose-Spezialist gesagt, ich hätte seiner Meinung nach keine Borreliose, sondern Babebien, aber behandelt hat er mich dann doch nach Schema F gegen Borreliose (denn wenn es keine Borrelien sind, dann kann man ja nochmal Geld verdienen, aber das hat er mir nicht so gesagt, der Schelm).

Drei Tage später (ich hab in dieser Zeit kein Essen und auch sonst nichts gekauft, denn ich hatte schon Verarmungstendenzen) bin ich dann den Weg zum Schulmedizin-Borreliose-Spezialisten, der nur meinen Fuß kurz und meine Laborbefunde noch kürzer angeschaut hat und dann die Borreliose-Diagnose bestätigt hat. Und schwuppdiwupp hatte ich einen Therapieplan für meinen Hausarzt in der Hand für eine intravenöse 3-wöchentliche Antibiotikatherapie.

Da ja bisher der stammelnde Homöopath mein Hausarzt war, dem ich nach dem Rumstammeln nicht mehr vertraue (und der Homöopathie komischerweise auch nicht mehr so richtig), musste ich mir einen Hausarzt vor Ort suchen. Auch das ist nicht so einfach und geht nicht so schnell... In der Zwischenzeit habe ich mich damit abgefunden, dass ich diese Antibiose machen lasse und war gespannt, ob mein neuer Hausarzt die Medikamente verordnet, da sie wohl nicht ganz günstig sind.

Tja, was soll ich sagen, der von mir ausgesuchte Hausarzt kennt den Schulmedizin-Borreliose-Spezialisten persönlich und recht gut, aber seiner Meinung nach hält dieser sich in letzter Zeit weder was die Diagnosestellung, noch was die Behandlung anbelangt an die Leitlinien der Deutschen-Borreliose-Gesellschaft. Deshalb besteht mein neuer Hausarzt auf eine weitere Untersuchung durch die Uniklinik Freiburg (dort gibt es seiner Aussage nach den einzigen wahren Schulmedizin-Borreliose-Spezialisten und nur wenn der die Diagnose bestätigt, bekomme ich die Antibiose).

Ich habe ja aufgrund meiner Arbeit ganz gute ähem sagen wir mal Beziehungen und habe keinen Moment gezweifelt, dass ich bald einen Termin bekomme, aber nach mehrmaliger Nachfrage, ob ich privat oder gesetzlich versichert bin und ich immer die Wahrheit sagte (nämlich gesetzlich), habe ich wiederum mehrmalig mündliche und schriftliche Absagen bekommen.

Mein Hausarzt, den ich deswegen erneut konsultieren musste, hat dann gesagt, dass ich zumindest zu einem guten Neurologen soll und hat mir im überübernächsten Ort einen namentlich empfohlen. Aber auch dort wurde ich gefragt, ob ich gesetzlich oder privat versichert bin und auch dort habe ich die Wahrheit gesagt und die Auskunft bekommen, dass ich mir einen näher gelegenen Neurologen suchen, oder bis Oktober warten muss. Da wurde ich dann unleidig und hab gesagt: "Ich habe beste Beziehungen zur Kassenärztlichen Vereinigung und wenn ich jetzt nicht sofort einen früheren Termin bekomme, dann wird die Kassenärztliche Vereinigung bei Ihnen anrufen und einen Termin für mich vereinbaren" (ehrlich......ich hasse so was abgrundtief!!!!) und schon hatte ich zwei Tage später einen Termin. Ich also zwei Tage später zum Neurologen (ich weiß nicht, ob mir mein Chef noch glaubt, dass ich so oft zum Arzt muss, ich kann es ja selbst nicht glauben...), der hat mich gründlich untersucht und mir gesagt, dass meine Schlafstörungen aufgrund einer rezidivierenden Depression bestehen, hat mir ein leichtes Antidepressiva verordnet und ein stärkeres angeboten. Und eigentlich wollte er, dass sich ein Hautarzt auch noch meinen Fuß anschaut, aber da hab ich dankend abgelehnt. Zu der Diagnose Depression habe ich nichts mehr gesagt, denn dann hätte ich nochmal eine Diskussion am Hals gehabt. Ich hab mich also brav für die Verordnung bedankt, hab den Arztbrief mit der Empfehlung zur Antibiose entgegengenommen und bin in mein Auto gestiegen.

Und dann hab ich einen Lachflash bekommen: Beim Orthopäden ist die Ursachen für meine Beschwerden ein Hohlfuß, beim Heilpraktiker Babesien, ach ja und beim Gynäkologen übrigens die Wechseljahre und beim Neurologen eine Depression (und beim Hautarzt wäre es sicher eine seltene Hauterkrankung).

Diese Odysse zeigt mal wieder deutlich, wie erbärmlich schlecht die Diagnosestellung der Schul- und sonstigen Mediziner ist.

Mein neuer Hausarzt war nicht ganz glücklich über den Arztbrief des Neurologen, denn in dem Brief stand nur, dass neurologisch alles ohne Befund ist (außer natürlich der Depression ;-))und dass der Verdacht des Schulmedizin-Borreliose-Spezialisten bestätigt wird, aber der Neurologe hat die Diagnose nicht gesichert bestätigt.... (aber das kann man bei Borreliose sowieso nicht, wie ich heute weiß).

Nach meinem Islandurlaub fängt also die Antibiose an. Die muss ich aber bei einem anderen Hausarzt vor Ort machen, denn mein neuer Hausarzt hat Urlaub.....

Kein Witz!



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