Sonntag, 8. März 2015

Vom Wert des Lästerns

Seit vielen Jahren faste ich. Die ersten Jahre habe ich Süßigkeiten gefastet. Irgendwann kam dann (aus euch evtl. bekannten Gründen) Alkoholfasten dazu. Letztes Jahre habe ich Alk, Süßies und tierische Produkte gefastet (ich habe also vegan gelebt) und dieses Jahr wollte ich eine Kleinigkeit drauf setzen und das Lästerfasten eingeführt. Ich meine damit, dass ich mir vorgenommen habe, sieben Wochen lang nicht zu lästern.
Ich dachte, das wär kein Problem, aber es stellte sich schon am ersten Fastentag heraus, dass ich meine ganzen Joker (drei Stück an der Zahl) aufgebraucht habe.

Ich wollte aber nicht gleich aufgeben und habe es weiterhin versucht.

Leider muss ich mich nun meinem widerwilligen Temperament beugen: Ich schaffe es nicht. Immer wieder lästere ich. Man kann das jetzt ein wenig schönreden und behaupten, dass es kein Lästern, sondern nur ein Bewerten und kritisches Hinterfragen ist, aber wenn ich ehrlich bin, dann war und ist es schnödes Lästern. Und das sage ICH, die bisher immer behauptet hat, dass Lästern nicht gut tut. Nicht mir, nicht demjenigen mit dem ich lästere, nicht demjenigen über den ich lästere und v.a. nicht der Beziehung zu demjenigen über den ich läster.

Ich bin also in mich gegangen und habe mich gefragt, warum ich lästere, warum der Mensch überhaupt lästert (schließlich bin ich nicht die Einzige, die es tut, sondern die Anderen sind immer ganz schnell und bereitwillig mit dabei).

Eine Freundin von mir sagt, dass Lästern wichtig ist. Es handelt sich dabei um eine Art Psychohygiene.
Das würde ich ihr gerne glauben, denn es wäre eine Form der Absolution für mich ;-)

Am Wochenende hatte ich eine kurze Begegnung mit einer Bekannten und danach ist mir aufgefallen, wofür das Lästern auch noch gut sein kann: Es schützt vor der Wahrheit, denn man muss nicht direkt dem Betroffenen ungeschönt die Wahrheit sagen, sondern kann später darüber "lästern". Die Wahrheit ist zwar immer wahr, aber sie ist auch oft verletzend und noch öfter nur eine subjektive Momentaufnahme, die ganz von den Stimmungen, Launen und Erlebnissen des Wahrheitsüberbringers abhängt.

Ich sage mich also los von meinem Lästerfasten und bin wieder freier, wenn auch nicht mehr so gut ;-)





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